Technologie ist Kultur ist Auseinandersetzung: ePower-Sessionsanlass zu OGD
Die parlamentarische Gruppe “ePower” organisierte am 4. Dezember einen Sessionsanlass zum Thema Open Government Data. Vor Ort im Casino Bern kamen je ein Dutzend PolitikerInnen, VertreterInnen von Behörden sowie Firmen und Verbänden zusammen – eine hochkarätige Mischung, mit der problemlos eine “SF Arena” hätte bestückt werden können. André Golliez und Hannes Gassert von Opendata.ch hielten je ein 15-minütiges Referat. Was sie berichteten, liess nur wenige kalt.
Hannes Gassert sprach über “Make” und stellte sein Referat unter das Motto “Technologie ist Kultur”. Open Government Data ist keine primär technologische Herausforderung, sondern bedingt vielmehr ein Bekenntnis zu neuen, parterschaftlichen Auseinandersetzungen zwischen Behörden und Privaten. Die Forderung ist einfach: Behörden, die Daten sammeln, sollen diese öffentlich, für die Allgemeinheit frei verfügbar und nutzbar machen. Diese Weiterverwendung von Daten erschliesst der Schweiz ein immenses Potenzial für mehr Transparenz, Innovation und Effizienz. Mehr dazu findet sich im Opendata.ch Manifest.
Laboratorien der Bürgerbeteiligung
Gassert zeigte, was alleine an den bisher vier make.opendata.ch Hackdays alles mit schon heute öffentlichen, frei verfügbaren Daten an Anwendungen und Visualisierungen entstanden ist. Mehr zum ersten Schweizer make.opendata.ch Hackday im Herbst 2011, zum ersten Stadtberner Open Data Camp (Frühling 2012) und zu den thematischen make.opendata Hackdays “Mobilität” (Frühling 2012) sowie “Gesundheit” (Herbst 2012) findet sich via die Links.
Die nächsten Hackdays finden statt am 22. bis 23. März 2013 zeitgleich in Bern und Sierre – dann zum Thema “Geld”.
Gemeinsam für eine Datenpolitik
André Golliez sprach über die Barrieren, die Open Government Data in der Schweiz nach wie vor zu überwinden hat – gleichermassen also eine Liste von Anknüpfungspunkten für eine nationale Datenpolitik. Laut Golliez bedarf es neben der Schaffung einer einheitlichen Schweizer Datenlizenz und viel Kommunikationsarbeit auch eines gemeinsamen Katalogs, der zumindest auf Bundesebene departementsübergreifend den Zugriff massiv vereinfacht. Darüber hinaus gelte es nicht nur weitere zentrale Datensätze wie etwa Beschaffungsdaten zu öffnen, sondern auch Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Gebührenabbau zugunsten volkswirtschaflichen Mehrwerts zu erlauben.
Lebhafte Diskussion über Fach- und Parteigrenzen hinweg
Im anschliessenden Panel zu offenen Daten im Gesundheitswesen wie in der darauf folgenden Publikumsdebatte wurde lebhaft diskutiert. Gleich vor Ort entstanden dabei diverse Open Data Ideen, deren Für und Wider sogleich ausgelotet wurde. Wenn die Qualitätssicherung von Daten und Apps sichergestellt sei, und wenn auch die weitere hochwertige Erhebung neuer Daten nicht zu kurz käme, dann sei in Sachen “Open Data nach Schweizer Art” noch mit grossen Fortschritten und bedeutender Innovation zu rechnen, so eine Schlussfolgerung aus den Reihen der anwesenden Parlamentarier. Diesem Fazit stimmt Opendata.ch klar zu – und wird in den kommenden Monaten weitere Schritte unternehmen, um diesem Ziel näher zu kommen.
Open Data an der Kantonsschule Enge
Die Stadt Zürich hat Ende Juni 2012 als erste Schweizer Behörde ein «Open Government Data» Portal eröffnet. Darin werden Verwaltungsdaten der Stadt Zürich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Daten werden nicht nur von Unternehmungen, Privaten oder Hochschulen, sondern auch von Gymnasien genutzt. In einer Projektwoche der Kantonsschule Enge zum Thema «Open Government Data» haben die Schüler etwa aufgezeigt, dass in der Stadt Zürich beträchtlich mehr junge Menschen wohnen als in anderen Städten der Schweiz.
Die Idee von Open Government Data (OGD) ist, Verwaltungsdaten der Öffentlichkeit in maschinenlesbarer Form frei zugänglich zu machen. Weltweit kostenlos verfügbare Daten sollen innovative Anwendungen durch die Wirtschaft und Bildungsinstitutionen fördern. Die Stadt Zürich erstellte als erste Schweizer Behörde im Rahmen der Legislative eZürich (Legislaturschwerpunkt Stadt Zürich 2010-2014) ein OGD-Portal: Seit dem 28. Juni 2012 sind auf http://data.stadt-zuerich.ch Daten kostenlos verfügbar. Momentan sind 90 Datensätze vor allem aus den Bereichen Bauen, Wohnen, Bevölkerung, Verkehr, Umwelt und Verwaltung veröffentlicht.
Open Data an der Kantonsschule Enge
Der Umgang mit stets wachsenden Datenmengen wird zur entscheidenden Kompetenz im Informationszeitalter. Deshalb haben sich Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Enge in einer Projektwoche mit OGD auseinandergesetzt. Einerseits haben die Projektteilnehmenden Informatikinstrumente kennengelernt, mit denen sie grosse Datenmengen bearbeiten können. Anderseits wurden in Gruppenarbeiten Hypothesen zu den Themen Jugendgewalt, Städtestrukturen, Tourismus, Arbeitskosten, Energieverbrauch und Preisniveau bearbeitet. Dabei wurden Zugang, Verfügbarkeit und Qualität offener Daten thematisiert.
Nationale und internationale Städtevergleiche
Eine Gruppenarbeit hat die Stadt Zürich mit anderen Schweizer Städten sowie mit internationalen Grossstädten verglichen. Beim nationalen Vergleich fiel auf, dass in der Stadt Zürich im Jahr 2011 viele Menschen im Alter von 30 bis 34 Jahren wohnten (41’856 Personen). Das entspricht einem Anteil von 11,2 Prozent an der Bevölkerung. In der Stadt Basel ist diese Altersgruppe deutlich geringer vertreten: 13’684 Personen oder 8,4 Prozent der Bevölkerung sind 30 bis 34 Jahre alt. Diese Altersklasse ist besonders interessant, weil sie zu beträchtlichen Teilen aus arbeitstätigen Personen besteht, die zum wirtschaftlichen Wohlergehen einer Stadt beitragen. Beim internationalen Städtevergleich wurde unter anderem die Bevölkerungsdichte betrachtet. Dabei haben die Analysen ergeben, dass die Bevölkerungsdichte der Stadt Zürich mehr als fünfmal kleiner ist als in Mumbai.
Interessante Basis für Projekte, Matur-, Bachelor- und Masterarbeiten
Die Kantonsschule Enge zieht ein positives Fazit aus der kritischen und kreativen Auseinandersetzung mit offenen Daten und wird die OGD-Projektwoche deshalb im nächsten Jahr wiederholen. Die Schülerinnen und Schüler haben in der Projektwoche neben Informatikkenntnissen auch Wissen zu einzelnen Themenbereichen erworben. Statistik Stadt Zürich empfiehlt das OGD-Portal auch anderen Gymnasien und Hochschulen als interessante Basis für Projekte, Matur-, Bachelor- und Masterarbeiten.
(Medienmitteilung Statistik Stadt Zürich)
Open Health Hackdays: Operation an offenen Daten
An der Paneldiskussion zum Auftakt der Open Health Hackdays 2012 in Basel und Genf wurde der Ton bereits zu Anfang klar gesetzt:
“Ein Drittel der Gesundheitskosten sind Folgen fehlender Daten und schlechter Kommunikation!”
so Martin Denz, Schweizer eHealth-Pionier der ersten Stunde. Und Biotech-Unternehmer Marcos Garcia Pedraza fragte:
“Welche Rolle soll der Staat im Gesundheitswesen spielen, so dass Informationen transparent und effizient fliessen können, damit jeder Bürger die beste medizinische Versorgung bekommt, zum besten Preis?”
Bedeutung, Dringlichkeit und Potential des Themas Open Data im Gesundheitswesen waren somit von Beginn weg etabliert, die insgesamt über 100 Hackday-Teilnehmer, von Designern über Softwarenentwickler bis hin zu Ärzten und Startup-Unternehmern machten sich unter diesen Vorzeichen daran, den Herausforderungen offener Gesundsheitsdaten mit fundierter Sachkenntnis, grossem Innovationsgeist und erfrischender Experimentierfreude zu Leibe zu rücken.
In einer einmaligen Konstellation schufen die Anwesenden Denker, Macher und “Hacker” – im positiven Wortsinn – an parallelen Workshops in Basel und Genf eine Reihe von Applikationen, Werkzeugen und Visualisierungen für einen besseren Umgang mit offenen Gesundheitsdaten. Die Krankenkassenprämien-Visualisierung healthinsurance.opendata.ch (siehe Bild oben), die iPhone-Ärzte- und Apothekensuche instaCare, der Luftverschmutzungs-Rechner iPollution und eine ganze Reihe weiterer innovativer Projekte zeigten auf, was “Open Data” auch im Gesundheitswesen bedeuten könnten. Das gesellschaftliche wie wirtschaftliche Potential offener Daten für mehr Innovation und Partizipation trat ein weiteres mal klar zu Tage.
Dabei hat sich auch das Konzept der “Hackdays” – von Community-getriebenen interdisziplinären Innovationstagen – wiederum als hervorragendes Mittel bewiesen, ein Thema mit hoher Intensität und intensivem Austausch auch kurzfristig konkret weiter zu bringen.
Die politische Debatte in Bundesbern nahm dabei gleichzeitig ihren Lauf. Nach der Interpellation Graf-Litscher und der Anfrage Hugues werden Fragen um offene Daten des Gesundheitswesens die Politik weiter beschäftigen – in den Räten, bei ePower ebenso wie bei der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit.
Der Verein Opendata.ch steht dabei mit Rat und Tat zur Seite, auf dass die Schweizer “Operation an offenen Daten” für ein transparenteres und innovativeres Gesundheitswesen denn auch gut gelinge. Für aktuelle News empfiehlt sich ein Abonnement der Opendata.ch Mailingliste.
Weiterführende Links:
- Wenn Daten sprechen lernen (Tageswoche.ch, 29.09.2012)
- Meine Daten gehören mir (Basellandschaftliche Zeitung, 03.10.2012)
- Podcasts der Schlusspräsentationen in Basel (infam.antville.org, 29.09.2012)
- Visualisierung der Krankenkassenprämien (Seantis.ch, 28./29.09.2012)
- Bei der TagesWoche darf gehackt werden (Tageswoche.ch, 28.09.2012)
- Ankündigung Open Health Data Hackdays
- Ankündigung Paneldiskussion Open Health Data
- health.data.gov, ein mögliches Vorbild aus den USA
Panel Diskussion am 27.09 in Basel: Offene Gesundheitsdaten, ein Rezept für gesunde Innovation?
Gesundheit ist immer mehr auch eine Frage von Daten. Die Entwicklung des Gesundheitssystems, von neuen Arzneien wie auch das persönliche Wohlergehen hängen immer mehr davon ab – wir stehen mitten in einer Datenrevolution. Experten, Unternehmern und Bürgern stellt sich die Frage, wie sich diese so gestalten lässt, dass von mehr Transparenz und Innovation dank offener Gesundsheitsdaten am Ende alle profitieren.
Opendata.ch und die TagesWoche laden am 27.09.2012 zu einer Diskussionsrunde zum Thema “Open Health Data” ein, einem Zukunftsthema an der Schnittstelle Life Sciences, Gesundheitsökonomie und Datenschutz. Es sprechen:
- Dr. Marcos García Pedraza, Biotech-Unternehmer und Startup-Coach
- Dr. Luzi Rageth, Geschäftsleiter der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der Chirurgie
- André Golliez, Experte für Open Data und IT im öffentlichen Sektor, Berater und Unternehmer
- Dr. med. Martin Denz, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Telemedizin und eHealth
Gastgeber und Gesprächspartner sind mit David Bauer und Hannes Gassert zwei bekannte Innovatoren zwischen Medien und Technologie.
Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos. Sie sind herzlich eingeladen!
- Wann: 27.09.2012, 19:30 Uhr
- Wo: Unternehmen Mitte, Gerbergasse 30, 4001 Basel
Was wäre, wenn Patientinnen und Patienten bei der Prävention, Diagnose oder auch der Behandlung eines medizinischen Problems mittels den Möglichkeiten der Datenanalyse eine aktivere Rolle einnehmen könnten? Welche Effekte wären bezüglich der Wahl der Behandlungsarten und -formen zu beobachten und was für Auswirkungen im Bereich der Gesundheitskosten denkbar? Wie stehen Mediziner und Gesundheitsbehörden zur Veröffentlichung von nicht personenbezogenen Gesundheitsdaten, damit diese frei verfügbar und nutzbar sind? Was für innovative Anwendungen “Open Health Data” ermöglichen könnten und worauf dabei zu achten ist, ethisch, politisch und ökonomisch, wird am Abend des 27. September intensiv diskutiert.
Die Gesprächsrunde bildet den Auftakt für die am Freitag, 28. September und Samstag 29. September stattfindenden make.opendata.ch Hackdays zum gleichen Thema. Dort treffen sich Designer, Programmierer, Experten und Bürger aller Art, um mit offenen Daten an praktischen Apps und spannenden Visualisierungen zum Thema Gesundheit zu arbeiten – in Basel im Unternehmen Mitte und zeitgleich in Genf an der Kunsthochschule HEAD. Auch hier gilt: mitmachen, lernen, die Zukunft mit gestalten!
Links zum Thema
Open Budget 2013 der Stadt Bern
In der heutigen Ausgabe des Bund ist ein ausführlicher Bericht über die neue Version der Open Budget App der Stadt Bern. Der Software-Entwickler Thomas Preusse hat in nächtelanger ehrenamtlicher Arbeit das Budget 2013 mit einer neuen Open Data Applikation visualisiert. Gegenüber der Version 2012 werden nun die Vorjahreszahlen mit den aktuellen Zahlen verglichen und die Kreise entsprechend eingefärbt. Ausserdem werden rechts die Detailzahlen zum Budget angezeigt.
Das ist erst der Anfang: Morgen treffen sich die Berner Stadträte Giovanna Battagliero und Matthias Stürmer, Koordinatoren der Interfraktionellen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit, sowie Thomas Göttin mit Finanzvorsteher Daniel Schaffner. Gemeinsam sollen die künftigen Eigenschaften der Open Budget App 2014 diskutiert und vorbereitet werden. Man darf also gespannt sein, wie die Stadt Bern auch weiterhin die Führungsrolle bei Open Budget Applikationen der Schweizer Städte behält.